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Zivilrechtlicher und steuerlicher Aspekte bei der Gründung einer niederländische BV

Memo Niederländisches Gesellschaftsrecht und Steuerrecht (Stand Januar 2022)
 
Cuno Wittrock
25 Januar 2022
27 Januar 2022

1. Einleitung

Für die Gründung einer niederländischen B.V. müssen eine Reihe von Formalitäten erfüllt werden. Mit diesem kurze Memorandum bieten wir Ihnen einen Überblick über das Verfahren zur Gründung einer B.V. Dazu haben wir auch die wichtigsten steuerlichen Aspekte beschrieben.

Memo Niederländisches Gesellschaftsrecht und Steuerrecht (Stand Januar 2022)

2. Zivilrechtlicher Aspekte

Eine B.V. wird mittels einer von einem niederländischen Notar ausgestellten Gründungsurkunde gegründet. Der Notar setzt einen Entwurf der Gründungsurkunde auf. Grundsätzlich kann die Gründung, von den jeweiligen Umständen abhängig, in wenigen Tagen vollzogen werden. Nach niederländischem Recht dürfen im Namen einer sich noch in Gründung befindlichen B.V. bereits Geschäftstätigkeiten stattfinden. Solange ein im Namen der in Gründung befindlichen B.V. getätigtes Rechtsgeschäft noch nicht bestätigt wurde, haften diejenigen, die diese Rechtsgeschäfte im Namen der betreffenden B.V. getätigt haben, gesamtschuldnerisch, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist.

Dies ist vergleichbar mit der GmbH i.G. Um Missverständnisse bezüglich der Existenz der B.V. oder der Absicht, im Namen der noch zu gründenden B.V. Verträge zu schließen, zu vermeiden, wird üblicherweise hinter dem Namen der B.V. der Zusatz „i.o.“ (in oprichting) verwendet, um anzugeben, dass sie sich in Gründung befindet.

a. Satzung

Die Verhaltensregeln für eine B.V. sind gesetzlich und in der Satzung festgelegt. Die Satzung muss in jedem Fall folgendes enthalten:

  • Den Namen der B.V.
  • Den Geschäftssitz der B.V.
  • Den Gegenstand der B.V.
  • Das Stammkapital, nach Anteilsarten aufgeschlüsselt.
  • Bei Bedarf: Bestimmungen zur Einschränkung der Übertragung von Anteilen (keine
    Genehmigungs- oder Angebotsverfahren oder eine Kombination daraus).
  • Eine Regelung bei Verhinderung oder Abwesenheit des Geschäftsführers.

Theoretisch kann eine B.V. mit einem ausgegebenen und eingezahlten Kapital von 0,01 EUR
gegründet werden. Es ist jedoch ratsam, die B.V. mit einer angemessenen Kapitalausstattung zu
versehen.

Zusätzlich können verschiedene gesetzliche - für die B.V. verbindliche - Bestimmungen in die Satzung
aufgenommen werden.

Die Gründungsurkunde muss in niederländischer Sprache abgefasst sein, aber eine deutsche
Übersetzung kann selbstverständlich vorgelegt werden.

b. Geschäftsführung

Die Aufgabe der Geschäftsführung ist die Leitung des Unternehmens. Die Geschäftsführung kann aus einem oder mehreren Geschäftsführern bestehen. Die B.V. muss mindestens einen Geschäftsführer haben. In Bezug auf die Anzahl, die Staatsangehörigkeit und/oder den Wohnsitz der Geschäftsführer gibt es keine gesetzlichen Vorschriften. Anders als nach deutschem Recht, können sowohl natürliche als auch juristische Personen als Geschäftsführer bestellt werden.

Die Satzung muss den Geschäftsführern die Befugnis einräumen, die B.V. bei ihren Geschäften mit Dritten zu vertreten und zu verpflichten. Die Geschäftsführung der B.V. ist in ihrer Eigenschaft als solche immer zur Vertretung der B.V. befugt.

Wenn es mehr als einen Geschäftsführer gibt, gilt meistens eine der folgenden Vertretungsbefugnisse:

  • Gesamtbefugnis, was bedeutet, dass ein Geschäftsführer nur insoweit zur Vertretung der B.V. befugt ist, als er gemeinsam mit dem oder den anderen Geschäftsführern handelt;
  • Einzelvertretungsbefugnis, was bedeutet, dass jeder einzelne Geschäftsführer befugt ist,
    die B.V. alleinig zu vertreten und zu verpflichten.

Die genauen Angaben zur Befugnis der Geschäftsführer müssen in das Handelsregister eingetragen werden. Dritte dürfen sich in der Regel auf diese eingetragenen Angaben verlassen. Daher haben weitere satzungsmäßige Beschränkungen der Befugnisse der Geschäftsführer gegenüber Dritten bei ihren Geschäftsbeziehungen mit der B.V. keine rechtliche Wirkung, sofern sie sich der Beschränkungen nicht bewusst waren.

c. Geschäftsjahr

Wenn das Geschäftsjahr nicht mit dem Kalenderjahr zusammenfällt, müssen das Anfangs- und Enddatum des Geschäftsjahres in der Satzung festgelegt werden. Das erste Geschäftsjahr darf mehr oder weniger als zwölf Monate betragen (Rumpfjahr).

d. Einzahlung von Stammkapital bei der Gründung

Anteile können in bar oder natura gezahlt werden. Bei der Sachgründung ist es gesetzlich vorgeschrieben, dass der oder die Gründer die Sacheinlagen beschreiben, wobei diese Beschreibung sich in der Regel auf den Zustand an einem Datum beziehen muss, das nicht mehr als sechs Monate vor dem Gründungs- bzw. Bezugsdatum liegt.
Außerdem muss die B.V. während der Gründungsperiode erfolgte Rechtshandlungen anerkennen, weil die Gründer ohne eine solche Anerkennung gesamtschuldnerisch für die Entschädigung der B.V. haften. Kapital kann auch in einer ausländischen Währung eingezahlt werden.

e. Registrierung NL Handelskammer

Wenn eine niederländische Gesellschaft neu gegründet ist, muss die Gesellschaft in das niederländische Handelsregister, die sogenannte Kamer van Koophandel (KvK), eintragen werden. In den meisten Fällen wird der Notar die (gesetzlich verpflichtete) Eintragung in das niederländische Handelsregister vornehmen. Gleichzeitig mit der Eintragung in das Handelsregister müssen die sogenannten wirtschaftlich Berechtigten (Ultimate Beneficial Owners) in das UBO-Register (Transparenzregister) eingetragen werden.

3. Steuerlicher Aspekte

Nach Eintragung in das niederländische Handelsregister muss die Gesellschaft auch bei den niederländischen Steuerbehörden registriert werden. Die niederländischen Steuerbehörden haben Zugangsmöglichkeiten zu den Gründungsurkunden. Die Steuerbehörden werden dann ein Fragebogen (nur auf Niederländisch) an die registrierte Adresse der neuen Gesellschaft verschicken. Dieser Fragenbogen muss vollständig ausgefüllt zurückgeschickt werden. Die Steuerbehörden bestimmen anhand dieser Informationen, welche Steuern die betreffende Gesellschaft zutreffen. Nur für diese Steuern wird zunächst eine Steuernummer vergeben. Abhängig von der Beschreibung der Aktivitäten von der neue Gesellschaft in der Gründungsurkunde, wird oft schon eine Umsatzsteuernummer vergeben, noch bevor der Fragebogen verschickt wird. Nachfolgend finden Sie eine kurze Beschreibung der relevanten Steuern.

a. Körperschaftsteuer („Vennootschapsbelasting“)

Eine nach niederländischen Recht gegründete Gesellschaft unterliegt der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht in den Niederlanden (15%* - 25,8% in 2022). Im Prinzip wird das weltweit erzielte Einkommen der Gesellschaft in den Niederlanden versteuert. Steuerabkommen können Doppelbesteuerung vermeiden oder reduzieren. Bezüglich der niederländische Körperschaftsteuer sind die folgenden Punkte relevant:

- Jährlich muss eine Körperschaftsteuererklärung erstellt und beim niederländischen Finanzamt abgegeben werden.
- Wird die Steuererklärung von einem niederländischen Steuerberater abgegeben, ist in der Regel ein Fristverlängerung für die Abgabe der Steuererklärung möglich;
- Je nach geschätztem Umsatz und erwartetem Gewinn pro Jahr wird jedes Jahr ein vorläufiger Steuerbescheid erlassen. Dieser Betrag wird mit dem endgültigen (definitiven) Steuerbescheid abgerechnet. Die Höhe des vorläufigen Steuerbescheids kann geändert werden. Pünktlichkeit ist wichtig wegen steuerliche Zinsen („belastingrente oder invorderingsrente“) und Geldstrafen („boete“), die zum beispiel bei einer verspäteten Steuererklärung oder Zahlung fällig werden können.
- Bestimmte Verwaltungspflichten müssen bedingt eingehalten werden (z.B. localfile/ master-file, Transferpreise Dokumentation).

b. Quellensteuer („Bronbelasting“)

Wenn eine in den Niederlanden ansässige Gesellschaft eine Gewinnausschüttung an (einen) ihre(r) Gesellschafter tätigt, werden grundsätzlich 15% niederländische Dividendenquellensteuer fällig. Die Dividende kann ohne Quellensteuer ausgezahlt werden, wenn die niederländischen Bedingungen für die Quellensteuerbefreiung erfüllt sind. In grenzüberschreitenden Fällen kann möglicherweise auf Grund des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Deutschland und den Niederlanden ein reduzierter Quellensteuersatz angewendet werden, wenn die Quellensteuerbefreiung nicht angewendet werden kann.

Im Prinzip erheben die Niederlande keine Quellensteuer auf Zins- und/oder Lizenzgebühren. Ab dem 1. Januar 2021 ist jedoch ein neues Quellensteuergesetz eingeführt worden. Gemäß diesem Gesetz wird in einigen Situationen dennoch eine Quellensteuer erhoben. Dies betrifft Zins- oder Lizenzgebühren von einer in den Niederlanden ansässigen Gesellschaft an ein verbundenes Unternehmen in einem Niedrigsteuerland sowie auch in bestimmten Missbrauchssituationen. Der Quellensteuersatz entspricht dem höchsten Satz der Körperschaftssteuer (25,8 % im Jahr 2022).

c. Mehrwertsteuer („omzetbelasting“)

Die EU-Mitgliedsstaaten, darunter auch die Niederlande und Deutschland, erheben die Mehrwertsteuer nach dem sogenannten Mehrwertsteuerprinzip mit Vorsteuerabzug. Steuerpflichtige Personen (Unternehmer) müssen auf die Zahlungen, die sie für ihre Warenlieferungen und Dienstleistungen erhalten, Mehrwertsteuer an die Steuerbehörden abführen. Eine neu gegründete B.V. wird nach der Eintragung im Handelsregister (oft) automatisch registriert und angemeldet für die niederländische Mehrwertsteuer und es wird eine niederländisches Umsatzsteuernummer vergeben (s.o.). Wenn ein Steuernummer vergeben ist, muss periodisch eine Umsatzsteuererklärung abgegeben werden. Abhängig von (unter anderem) dem Umsatz der Gesellschaft ist diese pro Monat, Quartal oder Jahr abzugeben.

d. Lohnsteuer („Loonbelasting“) und Sozialversicherungsabgaben („Sociale verzekeringen“)

Eine niederländische Gesellschaft (wie eine B.V.) mit steuerlichem Sitz in den Niederlanden und welche Personal beschäftigt, ist grundsätzlich verpflichtet eine Lohnbuchhaltung zu führen. Wenn auf dem Fragebogen der niederländischen Steuerbehörde angegeben wird, dass Personal eingestellt wird, wird die Steuerbehörde eine Lohnsteuernummer für die dies betreffende Gesellschaft (Arbeitgeber) vergeben. Als Arbeitgeber ist die B.V. verpflichtet monatlich über eine Lohnsteuererklärung die Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge vom Lohn der Mitarbeiter einzubehalten und abzuführen an die niederländische Steuerbehörden. Ähnlich wie in zum Beispiel Deutschland, ist die Lohnsteuer eine Vorsteuer zur Einkommensteuer. Sozialversicherungsbeiträge sind nur fällig, wenn der Arbeitnehmer dem niederländischen Sozialversicherungssystem unterfällt. Für den Fall, dass ein Arbeitnehmer der niederländische Sozialversicherung unterliegt, trägt der Arbeitgeber die Kosten für die Versicherungsbeiträge des Arbeitnehmers und den einkommensabhängigen Beitrag gemäß dem Krankenversicherungsgesetz.

In den Niederlanden gibt es mehrere Regelungen die Arbeitnehmern Vorteile bieten können. Die wichtigste davon ist die sogenannte 30% steuerfreie Vergütungsverordnung für sich hierfür qualifizierende Arbeitnehmer der B.V. aus dem Ausland.

Für Privatpersonen/Gesellschafter mit eine wesentliche Beteiligung (> 5%) an der Gesellschaft gibt es eine steuerliche (Mindest)lohnverordnung.

e. Der Gesellschaft muss bestimmte steuerliche Verwaltungspflichten einhalten bezüglich ihres PersonalsGrunderwerbsteuer („overdrachtsbelasting“)

Wenn eine juristische Person, z.B. eine B.V., Immobilien in den Niederlanden erwirbt, wird grundsätzlich die niederländische Grunderwerbsteuer fällig. In den Niederlanden gilt in solche Fällen ein Grunderwerbsteuersatz von 8% (Stand 2022). Auch beim Kauf von Anteilen an einer Gesellschaft, die niederländische Immobilien in ihrem Eigentum hat (Immobiliengesellschaft), kann niederländische Grunderwerbsteuer fällig werden. In den Niederlanden gibt es verschiedene Steuerbefreiungen für die Übertragung von Immobilien, beispielsweise für die Übertragung von Immobilien innerhalb einer Gruppe (Gruppenbefreiung).

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* Bis € 395.000 steuerpflichtiger Gewinn 15%, da oben 25,8% in 2022.

Disclaimer

Dieses Memo ist keine Beratung und soll nur als allgemeine Information dienen. Aus dem Inhalt dieses Memos können keine Rechte abgeleitet werden. Für weitere Informationen über zivilrechtliche und steuerliche Aspekten bei der Gründung einer B.V., wenden Sie sich bitte an Ihren Steuerberater oder melden Sie sich bei Dirkzwager legal & tax.